
Siegelnahtinspektion von Lebensmittelverpackungen
Hyperspektrale Bildverarbeitung und grauwertbaseirte Bildverarbeitung zur Detektion von Blasen und Verunreinigungen in der Siegelnaht von Kunststoffverpackungen für Wurst und Schinken

Ein namhafter Hersteller von Schinken trat mit dem Anliegen an uns heran, sicherzustellen, dass in seinen Lebensmittelverpackungen ausschließlich das enthalten ist, was hineingehört.
Da schon kleinste für das menschliche Auge nicht sichtbare Verunreinigungen in der Siegelnaht zu undichten Verpackungen und zum Verderb der Ware führen können und teure Rückrufaktionen zur Folge haben können, sollte künftig eine kamerabasierte Inspektion erfolgen.
Dabei stellen die Aufgaben „Erkennung von Blasen“ und „Erkennung von Verunreinigungen“ technisch sehr unterschiedliche Herausforderungen dar. Insbesondere bei den Verunreinigungen ist eine Differenzierung nach Art und Beschaffenheit notwendig. Der häufigste Fehler entsteht, wenn während des Versiegelungsvorgangs Lebensmittel, in diesem Fall Fleisch oder Wurst, in den Bereich der Siegelnaht ragen. Wird dieser Bereich anschließend versiegelt, verhindert das eingeschlossene Material eine zuverlässige Haftung der Naht. Problematisch sind insbesondere Fett und Flüssigkeiten, da diese oft auch mit dem Auge kaum sichtbar und teilweise durchsichtig sind. Zur zuverlässigen Erkennung solcher kritischen Verunreinigungen kommt hyperspektrale Bildverarbeitung zum Einsatz.
Die Detektion von Lufteinschlüssen (Blasen) ist ebenfalls sehr wichtig, da sich mehrere kleine Blasen zu einer großen Blase zusammenfügen können. Im schlimmsten Fall entsteht dadurch ein durchgehender Tunnel/Durchlass entlang der Siegelnaht, der zu einem vollständigen Dichtungsverlust führen kann.
Technologische Ansätze zur Siegelnahtinspektion: Sichtbares Licht, Hochauflösung und Hyperspektralanalyse im Vergleich
Klassische, kontrastbasierte Bildverarbeitung: Für alle nicht durchsichtigen Verunreinigungen ist die konventionelle Bildverarbeitung auf Basis von Kontrastunterschieden hervorragend geeignet. In diesen Fällen kommen Kameras im sichtbaren Lichtspektrum zum Einsatz. Diese Methode ist universell einsetzbar, solange die Verunreinigungen ausreichend sichtbar sind. Für diese Fälle nutzen wir Zeilenkamera von Teledyne.
Spezialfall Blasenerkennung: Blasen stellen eine besondere Herausforderung dar, da sie ihren Kontrast meist nur im Randbereich zeigen. Deshalb werden für deren Erkennung hochauflösende Kameras im sichtbaren Lichtspektrum benötigt. Ergänzend ist eine gezielte Bildverarbeitung notwendig, um Blasen als solche zuverlässig zu identifizieren. Basierend auf der Größe der Blasen sowie dem Abstand zwischen benachbarten Blasen kann dann entschieden werden, ob ein Produkt auszusortieren ist.
Hyperspektrale Bildverarbeitung: Hyperspektralkameras werden speziell darauf trainiert, bestimmte chemische Verbindungen wie Wasser oder Fett zu erkennen, also genau die oft durchsichtigen Verunreinigungen, die mit klassischer Bildverarbeitung kaum detektierbar sind. Allerdings sind diese Systeme auf die jeweils trainierten Substanzen beschränkt und können andere Verunreinigungen nicht erfassen.
Skalierbare Inspektionslödung mit KI-Unterstützung für maximale Siegelnahtsicherheit
Die aktuellen Projekte werden durch den Einsatz künstlicher Intelligenz erweitert. Die KI analysiert dabei nicht nur die Siegelnaht selbst, sondern auch angrenzende Bereiche – beispielsweise, ob sich rechts oder links von der Naht unerwünschtes Material befindet. Solche Hinweise können auf potenzielle Beeinträchtigungen der Versiegelung hindeuten und tragen wesentlich zur frühzeitigen Fehlererkennung bei.
Die möglichen Lösungen sind modular und lassen sich flexibel an die individuellen Anforderungen und Sicherheitsansprüche anpassen und reichen vom kostengünstigen Einstiegssystem bis zur vollumfänglichen High-End-Überwachung:
- Basisstufe: Erkennung größerer Fremdkörper
- + Blasenerkennung: Aufspüren von Lufteinschlüssen mit hochauflösender Bildverarbeitung
- + Fett-/Wassererkennung: Hyperspektralanalyse für durchsichtige Verunreinigungen
- + Erkennung weiterer chemischer Verunreinigung: mittels erweiterter Hyperspektralanalyse
- + KI-basierte Analyse: Zusätzliche Sicherheit durch smarte Mustererkennung im gesamten Siegelnahtbereich.
Hyperspektrale Bildgebung für unsichtbare Risiken
Für den spezifischen Anwendungsfall bei unserem Kunden fiel die Wahl auf die hyperspektrale Bildverarbeitung, da diese Technologie auch eine Detektion von Verunreinigungen ermöglicht, die außerhalb des sichtbaren Lichtspektrums liegen, in diesem Fall Produktreste oder geschmolzenes Fett im Bereich der heißversiegelten Lebensmittelverpackung. Solche Rückstände bleiben dem menschlichen Auge und herkömmlichen Inspektionssystemen meist verborgen. Hyperspektralkameras hingegen erkennen Materialien anhand ihrer biologischen und chemischen Signatur selbst durch bedruckte Kunststofffolien hindurch und ermöglichen so eine zuverlässige Erkennung von Blasen, Einschlüsse und kritischen Kontaminationen.
In der realisierten Anwendung ist eine hyperspektrale Kamera (HSI) etwa einen Meter über dem Transportband installiert die sechs Verpackungseinheiten pro Sekunde erfasst. Die aufgenommenen Bilddaten werden in der von phil-vision entwickelten Auswertesoftware pvSealInspect analysiert. Im ersten Schritt wird die Siegelnaht vom übrigen Verpackungsbereich separiert, um im Anschluss gezielt und hochpräzise auf Unregelmäßigkeiten untersucht zu werden.
Zusätzlich sollte in der Anwendung ein Modul zur Etikettenerkennung integriert werden. Für das Lesen von Barcodes und Klartext kommt eine Monochromkamera mit weißer Beleuchtung zum Einsatz, die nahtlos in das Gesamtsystem eingebunden ist.
Effiziente Integration und GPU-optimierte Verarbeitung hyperspektraler Daten
Die Integration der von uns ausgewählten SPECIM FX-Kamera verlief unkompliziert. Die eigentliche Herausforderung lag in der Verarbeitung der hochauflösenden 12-Bit-Spektralbilder, die wir gezielt für eine GPU-basierte Berechnung optimiert haben. Dabei extrahieren wir spezifische Spektralsignaturen, basierend auf der chemischen Zusammensetzung der Materialien. Diese werden zur besseren Interpretation in RGB-Farben umgerechnet, was die Segmentierung von Fehlstellen deutlich vereinfacht und eine präzise Klassifikation von Kontaminationen oder Materialabweichungen ermöglicht.
Transparente Auswertung und Fehlerklassifikation für maximale Prozesssicherheit
Die Prüfergebnisse werden visuell durch Farbcodierung dargestellt: Grün signalisiert einwandfreie Verpackungen (IO), Rot kennzeichnet fehlerhafte Einheiten (NIO). Unterhalb dieser Anzeige erscheint eine fortlaufende Statistik mit der Gesamtanzahl der geprüften Packungen sowie einer Aufschlüsselung in Gut- und Schlechteile.
Als Fehler erkannte Verpackungen werden dabei weiter nach den Kategorien „Schlechte Naht“ und „Schlechtes Label“ unterschieden. Zusätzlich wird die prozentuale Fehlerquote bezogen auf die Gesamtproduktion angezeigt – eine wichtige Kennzahl für Qualitätsüberwachung und Prozessoptimierung. Um mögliche Serienfehler frühzeitig zu erkennen, erfasst das System außerdem fortlaufend die letzten 100 IO- und NIO-Ergebnisse je Position auf dem Band. So lassen sich wiederkehrende Fehler an bestimmten Stellen (z. B. aufgrund fehlerhafter Zuführung) schnell identifizieren.
Die Definition, was genau als Fehler gilt, ist dabei flexibel und anpassbar: In der vorliegenden Anwendung erfolgt ein Auswurf der Verpackung nur, wenn mehrere Blasen oder Fremdkörper wie Fett in der Siegelnaht detektiert werden. Einzelne Blasen unterhalb einer definierten Mindestgröße werden hingegen toleriert und nicht als Ausschlusskriterium gewertet.
Vielfältige Potenziale für Hyperspektraltechnologie in der Lebensmittelindustrie
Patrick Gailer bei phil-vision zuständig für diese Anwendung, zieht ein positives Fazit aus dem Projekt. „Mit dieser ersten HSI-Anwendung konnten wir umfangreiche Erfahrungen sammeln. Die gewonnenen Erkenntnisse eröffnen zahlreiche weiter Anwendungsmöglichkeiten, nicht nur in automatisierten Produktionslinien der Lebensmittelindustrie, sondern auch bei Frischeprüfungen verschiedenster Naturprodukte wie Fleisch, Fisch, Käse, Gemüse oder Obst. Ebenso denkbar ist der Einsatz bei der Detektion unterschiedlichster Fremdkörper wie Plastikteilchen, Holz, Papier oder Haare in verpackten Lebensmitteln.
Besonders hervorzuheben ist die Fähigkeit der Hyperspektralkameras, Materialzusammensetzungen präzise zu analysieren, etwa in Bezug auf Feuchtigkeit, Fettgehalt, Eiweißanteil oder Reinheit. Dadurch ergeben sich im Bereich der Qualitätskontrolle von Lebensmitteln nahezu unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten.
Im Rahmen des Projekts wurde zudem eine speziell entwickelte Softwarelösung realisiert. Diese analysiert zunächst, in welchen Spektralbereichen Anomalien auftreten, und bereitet die Bilddaten anschließend für die Weiterverarbeitung mit klassischen Bildverarbeitungsmethoden oder KI-basierten Algorithmen auf.“
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